Eigentlich müsste ich…

Anmerkung: Dieser Artikel wird nicht mehr gegengelesen. Ich schreibe auf was da ist und drücke auf „Veröffentlichen“. Aus dem Leben gegriffen ist eine Kategorie, in der ich mir keinerlei Gedanken mache, ob das jetzt gut formuliert ist, ob grammatikalisch alles richtig ist und ob man versteht was ich meine. Hier geht es um meine Gefühle, die gerade da sind. Um Situationen, die so sind wie sie eben gerade sind.

(Vorab: ich schrieb an diesem Post, war ganz im Schreiben und der Inhalt hat sich immer wieder verändert. Warum auch immer (wir Yoginis denken ja, es gibt keine Zufälle) war die aktuelle Version, die Version, die mir am besten gefiel nicht gespeichert. Und weißt du was passiert ist? Ich bin ausgerastet. Habe schnell meine tolle Freundin angeschrieben, die das Blog betreut, ob man da noch was retten kann und so weiter. Plötzlich bin ich ruhig geworden. Hielt inne. Was mache ich denn hier? Wollte ich mich nicht frei machen, von dieser Art der Perfektion?! Danke liebes Universum, mir so nochmal deutlich vor Augen zu führen, dass ich noch voll im Wahn bin ;))

„Eigentlich müsste ich…“ ich glaube jeder von uns kennt diese Worte, die uns Druck machen und uns auf eine richtig blöde Art sagen, dass wir nicht richtig sind. Also nicht die kleinen drei Wörter tun dies. Wir tun dies, in dem wir sie uns so hart um die Ohren hauen, so dass wir uns richtig klein fühlen, minderwertig und nicht gut genug. „Eigentlich müsste ich“ sagt ja auch, dass wir etwas gerade nicht tun, obwohl wir meinen, es tun zu müssen.

Zu kompliziert?! Ja, einfach ist es nicht für sich selbst die richtige Antwort zu finden. Für mich geht es einzig und allein um dieses ständige Mithalten wollen.

Oder ist aus dem „Mithalten wollen“ schon ein  „Mithalten müssen“ geworden?! 

Egal. Ich weiß nur: Ich möchte da aussteigen. Wie?

In dem ich öffentlich mache, dass ich unter einem Perfektionismuswahn leide. Wie übrigens viele. Viele mehr, als wir uns vorstellen können. Weil es nicht schick und hip ist das zu sagen.

Wir sind alle so befreit, haben uns ausgesöhnt, sind mit „uns im Reinen“, lieben unseren Körper…

Ich freue mich, wenn das so ist – ehrlich. Für mich passt das aber nicht zusammen mit den perfekten Bildern auf Instagram, die tollen Blogartikel, die man eben mal schnell veröffentlicht und wo es selten ums „Scheitern“ geht. Und wenn es doch mal darum geht, dann gibt es aber gleich und unmittelbar eine ausführliche Beschreibung, wie man aus der Krise wieder herausgefunden hat, am besten mit einem Link zur betreffenden Person, die einem zum neuen Glück verholfen hat. Ein bisschen wie Schlemihl aus der Sesamstraße, der unsichtbare Buchstaben an Ernie verkauft. Und wie Ernie fühle auch ich mich manchmal betrogen, wenn ich nach dem einen perfekten Glück strebe, das an mich herangetragen wird.

Im Yoga ist es nicht anders. Die Studios werden immer hübscher, die LehrerInnen haben die hipsten Klamotten an und sind natürlich bei den besten Lehrern ausgebildet. Sie können die akrobatischen Asanas und stellen sie zur Schau. Vielleicht merken sie gar nicht, dass sie damit einen Druck aufbauen, der sich gerade wie eine Infektion durch die Yogaszene verteilt und viele Menschen ansteckt. Menschen, die vorher vielleicht gar nicht drüber nachgedacht haben was sie, beispielsweise im Yogastudio anziehen. Und plötzlich finden sie sich im Kaufhaus vor den bunten, überteuerten Yogahosen wieder und wissen, dass sie diese Hose beim nächsten Yogaunterricht unbedingt tragen müssen.

Ja, ja, ich weiß: „Man muss da ja nicht mitmachen.“ „Jeder kann ja selber entscheiden, was er gut findet…“

Aber ich frage mich: Haben wir wirklich immer die Wahl?! Was, wenn diese Perfektion so gegenwertig ist, dass wir uns eine andere (Yoga)Welt gar nicht mehr vorstellen können? Das wir gerade dabei sind „das gehört sich eben so“ zu etablieren?!?

Diese Vorstellung finde ich schlimm und macht mir persönlich auch Angst. Ich möchte nicht, dass der Yoga benutzt wird für Selbstdarstellung. Aber das habe ich nicht in der Hand. Ich kann nur hoffen, dass wir gemeinsam feststellen, dass der Yoga so viel mehr ist, als schöne Asanafotos auf Instagram.

Und wer weiß:

Vielleicht praktiziert es sich in den bunten Hosen einfach besser…

Namasté.

Jenny.