Wohlfühlen im Yogastudio

Der Yogamarkt boomt. Wir alle sind in irgendeiner Art und Weise mit dem Yoga schon in Berührung gekommen. Sei es, weil wir selbst schon im Yogaunterricht waren, einen Flyer in der Hand hielten, auf Webseiten gesurft sind, uns Youtubevideos angeschaut oder mit Freunden über Yoga gesprochen haben.

Tut jede Yogapraxis allen gut?

Erst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass es unterschiedlichste Yogastile gibt. Ich werde jetzt nicht die einzelnen Stile beschreiben, denn auch innerhalb der Stile gibt es verschiedenste Arten zu praktizieren, so dass eine reine Beschreibung alleine keine Auskunft darüber gibt, ob ich den Yogaunterricht gut finde und vor allem: Ob ich mich wohlfühle!

Wohlfühlen im Yogastudio! Das Wichtigste überhaupt!

Auf den ersten Blick möchte man meinen, dass es doch selbstverständlich ist, dass wir uns im Yogastudio wohlfühlen. Leider ist das manchmal nicht der Fall. Ich war in vielen Yogastudios, wo ich sofort merkte, dass ich mich nicht wohlfühle. Dennoch vertraute ich nicht meinem Gefühl. Ich dachte, dass ich falsch bin. Ich dachte, dass Yoga doch prinzipiell toll ist und wenn ich mich nicht gut fühle, dann ist das allein mein Problem. Ich wollte nicht auffallen, ich wollte so sein wie die anderen Schüler_innen. Ich praktizierte Asanas, die mir wehtaten, ich atmete um die Wette und tat alles, was mir im Unterricht gesagt wurde.

Wir dürfen darauf achten, dass wir uns wohlfühlen.

Jedes Unwohlsein, egal wie absurd es sich erst einmal anhört, darfst und musst du ernst nehmen! Ein Beispiel: Vor gar nicht langer Zeit war ich in einem Studio wo es unangenehm roch. Ich konnte gar nicht so genau sagen wonach es roch, nur, dass es mich störte. Der Unterricht an sich hat mir gut gefallen, so dass ich ein zweites Mal hinging. Auch bei meinem zweiten Besuch war der Geruch immer noch gleich. Gleich störend! Ich versuchte den Geruch zu ignorieren, mir einzureden, dass es nicht wichtig sei. Die Lehrerin unterrichtete gut. Das Ende von der Stunde konnte nicht schnell genug kommen und ich war froh den Raum verlassen zu können.

Ich war verspannt, gestresst, genervt.

Ich entschied mich in dieses Yogastudio nicht mehr zu gehen. Es mag sein, dass es den anderen Menschen, die mit mir diese Stunde besuchten, der Geruch nicht unangenehm auffiel. War das wichtig für meine Entscheidung? Nein! In der Yogapraxis geht es um mich. Nur um mich. Es geht nicht um die Befindlichkeiten der anderen.

Es geht um mich.

Ein weiteres Problem für mich: Yogaklassen sind häufig so groß, dass die Lehrer_innen es kaum schaffen Yogaschüler_innen als Individuen zu sehen. Ich unterstelle hier keine böse Absicht. Sie bemerken schlichtweg nicht, dass sich einzelne Schüler_innen unwohl fühlen.

Yogalehrer_innen leiten ihre Stunden häufig an, ohne darauf zu achten, ob ihre Schüler_innen in der Lage sind die Abfolge auszuführen. Wenn man Glück hat schauen Lehrer_innen darauf, dass die Asanas anatomisch richtig ausgeführt werden. Hierbei wird manchmal auf den individuellen Blick verzichtet. Alle werden gleich korrigiert, meist mit „Hands on“. „Hands on“ im Yogaunterricht bedeutet, dass Yogalehrer_innen „Hand anlegen“, um Schüler_innen in der Asana zu korrigieren. Ohne vorher zu fragen ist das ein absolutes no go! Für mich war das häufig übergriffig. Ich hatte Flashbacks oder damit zu kämpfen, dass ich keine bekomme.

Wenn ich das Yogastudio und die Lehrenden nicht kenne, bitte ich um ein Vorgespräch.

Als Betroffene von sexualisierter Gewalt habe ich eine Liste für mich erstellt, um im Yogastudio nicht „kalt erwischt zu werden“. Nicht immer muss ich alle Punkte einhalten, aber es tut gut sich vorab einige Punkte aufzuschreiben, die vor unschönen Begegnungen schützen können. Auch wenn ich mich meist gut vorbereite, heißt das allerdings nicht, dass ich wirklich alles vorbereiten kann. Es gibt immer wieder Situationen, die ich nicht in der Hand habe. Das ist einfach das Leben.

Folgende Punkte beachte ich, wenn ich mich für ein neues Yogastudio interessiere:

  • Ich schaue mir die Website an: Wie groß ist das Studio? Wie viele Lehrer_innen gibt es? Welcher Stil wird unterrichtet? Wie sind die Konditionen? Wieviel Teilnehmer_innen gibt es in den Kursen? Wo befindet sich das Studio?
  • Ich schreibe eine Email: Wie ist der erste Kontakt? Wie reagiert das Studio auf meine Anfrage?
  • Ich vereinbare eine Einzelstunde, bzw. ein Vorgespräch: Hier kommt es darauf an, ob ich mich für einen Yogakurs oder eine Einzelbetreuung interessiere. Auch bei einem Yogakurs kann es manchmal ratsam sein eine Einzelstunde zu buchen, um mehr Zeit zu haben Dinge zu besprechen.
  • Beim ersten Besuch vor Ort schaue ich mich genau um: Gefällt mir das Studio? Welchen ersten Eindruck habe ich von den Yogalehrer_innen? Wie steht es mit der Sauberkeit? Wie groß sind die Yogaräume? Gibt es Umkleidemöglichkeiten?
  • Während des ersten Gesprächs: Wie reagiert der/die Yogalehrer_in auf meine Bedürfnisse? Geht man auf mich persönlich ein oder gibt es Vorbehalte? Wieviel kann mir der Lehrende über den Yogaunterricht erzählen? Spüre ich eine Bereitschaft mich individuell zu betrachten und zu betreuen? Fragt der/die Yogalehrer_in nach? Besteht ein Interesse an mir persönlich? Ich entscheide spontan was ich von mir preisgeben möchte und was nicht. Das ergibt sich für mich während des Gesprächs.

Letztendlich entscheide ich mich dann aber doch aus dem Bauch heraus. Es kann sein, dass irgendetwas auf meiner Liste nicht erfüllt wird und ich dennoch den Kurs buche. Oder eben auch anders herum: Alles scheint zu stimmen, aber der Funke springt nicht über. Auch fein.

Ich zwinge mich nicht mehr zu einem Yogaunterricht zu gehen, der mir nicht guttut.

Namaste.

Jenny