Arztgespräch über meine Schlafstörungen

Anmerkung: Dieser Artikel wird nicht mehr gegengelesen. Ich schreibe auf was da ist und drücke auf „Veröffentlichen“. Aus dem Leben gegriffen ist eineKategorie, in derich mir keinerlei Gedanken mache, ob das jetzt gut formuliert ist, ob grammatikalisch alles richtig ist und ob man versteht was ich meine. Hier geht es um meine Gefühle, die gerade da sind. Um Situationen, die so sind wie sie eben gerade sind.

Ich: „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich jemals durchgeschlafen habe.“

Arzt: „Sie müssen doch mal „normal“ geschlafen haben!“

Ich: „Nein.“

Arzt: „Aber als Kind, als Kind haben Sie doch geschlafen?!“

Ich: „Nein, in meiner Kindheit habe ich noch weniger geschlafen als heute.“

Arzt: „Aber wieso denn das?“

Ich überlege kurz, ob ich hier wirklich in der psychiatrischen Ambulanz/Schlaflabor bin oder ob ich mich zum Orthopäden verirrt habe. Nee, ich bin hier richtig und bin mir sicher, dass ich zu Beginn des Gesprächs gesagt habe, dass ich sexualisierte Gewalt in meiner Kindheit erlebt habe und an der Anmeldung den Fragebogen ausgefüllt habe.

Ich: „Nun ja…also ich wurde ja sehr schlecht behandelt als Kind…Missbrauch, Misshandlungen…da konnte ich eben nicht wirklich sicher sein…“

Arzt: „Und Sie schließen daraus was?!“

Ich: „…“

Arzt schreibt sich irgendwas auf.

Arzt: „Naja, wollen wir nicht in alten Kisten kramen. Es geht ja ums Heute!“

Ich: „Ach so, ja natürlich.“

Arzt fragt die üblichen Sachen ab, wie mein Tag aussieht, wie ich den Abend gestalte, ob ich schon mal was von Autogenem Training gehört habe. Ich frage mich ernsthaft, ob das hier ein Scheißscherz ist und ich nur noch nicht den Witz erkannt habe. Ich habe in einem 10 seitigen Bogen alles beschrieben, ausgefüllt und mich ersthaft mit meinem Schlafverhalten auseinandergesetzt. Schließlich wurde mir doch das Formular 4 Wochen vorher zugeschickt und ich sollte alles dokumentieren. Dem Arzt scheint das jetzt auch einzufallen und schaut desinteressiert über meinen Fragebogen.

Arzt: „Ja, also Sie machen ja eigentlich alles richtig!“

Ich: „Ja.“

Arzt: „Und Sie schlafen so, wie Sie es mir beschrieben haben???“

Ich: „Ähm, ja…“

Arzt: „???“

Ich: „…“

Arzt: „Ja wissen Sie, es ist ja so: Man muss alte Geschichten auch mal loslassen. Sie sind jetzt wie alt?! Ach da hab ich es: 35 Jahre. Das ist ja schon ne Weile her mit Ihrem…“

Ich: „Sexualisierte Gewalt!“

Arzt: „Sie benennen es aber auch sehr dramatisch. Loslassen beginnt eben auch mit der Formulierung.“

Ich: „Ach so, ich formuliere falsch???“

Arzt: „Ich würde versuchen alles mal über Bord zu werfen. Ist ja auch alles schon lange her. Und ansonsten machen Sie ja auch alles richtig. Da kann ich nichts sagen. Vielleicht wäre eine sinnvolle Arbeitstätigkeit eine Maßnahme. Sie sind ja auch wirklich viel zu Hause.“

Ich: „Ja, ich konnte nicht mehr arbeiten. Unter anderem, weil ich nicht schlafen kann.“

Arzt: „Huhn oder Ei, was war zu erst da…ging doch so, oder?“

Arzt lacht etwas und mir steigen die Tränen in die Augen. Ich stehe auf, gebe noch höflich die Hand und sage auf Wiedersehen. Weil man das eben so macht.

Ende.

Namasté.

Jenny.